Die hohe Anonymität des Dark Webs, das zwar über herkömmliche Server und Cloud Hosting betrieben wird, aber nur über Tor erreicht werden kann, schützt Menschen in Diktaturen vor Verfolgung und Zensur. Gleichzeitig wird das Dark Web aber auch von Kriminellen zum Beispiel für den Handel von Drogen und Waffen und zum Austausch von Kinderpornografie genutzt.
Eine Studie der Virginia Tech, die im Fachmagazin PNAS erschienen ist, hat nun untersucht, welche Nutzung des Dark Webs überwiegt.
Guard Nodes des Tor-Netzwerks betrieben
Zur Analyse des Datenverkehrs betrieben die Wissenschaftler vom Dezember 2018 bis August 2019 ein Prozent der Guard Nodes (Einstiegsknoten) des Tor-Netzwerks. Sie konnten dadurch mitschneiden, ob das Netzwerk lediglich zur anonymen Internetnutzung verwendet wurde oder ob darüber Onion/Hidden Services (verborgene Seiten) aufgerufen wurden.
Welche Inhalte die Tor-Nutzer im Dark Web und im „normalen“ Teil des Internets gesucht haben, konnten die Wissenschaftler dank der Anonymität des Onion-Netzwerks nicht nachverfolgen. Auch IP-Adressen der Nutzer wurden nur teilweise gespeichert, um das Land aus dem die jeweilige Anfrage kommt identifizieren zu können.
Dark Web Inhalte kaum genutzt
Extrapoliert zeigen die Studiendaten, dass täglich etwa zwei bis 2,5 Millionen Menschen das Tor-Netzwerk nutzen. Ein Großteil davon verwendet Tor lediglich, um anonym das normale Internet nutzen zu können, greift aber nicht auf Dark Web Inhalte zu.
Die Studie widerlegt damit die häufige Annahme, dass das Tor-Netzwerk hauptsächlich von Kriminellen verwendet wird.
Tor-Nutzung abhängig von Regierungsform
Die Analyse zeigt außerdem, dass die Art der Tor-Nutzung sich zwischen einzelnen Staaten deutlich unterscheidet. Menschen in politisch unfreien Staaten verwenden Tor häufiger, um anonym das normale Internet zu nutzen. Der Anteil der Dark Web Zugriffe liegt in Algerien, Russland, China und anderen Ländern mit staatlicher Zensur bei nur 4,8 Prozent. In Ländern mit liberalen Systemen und Meinungsfreiheit sind hingegen 7,8 Prozent aller Tor-Zugriffe auf Inhalte des Dark Webs.
Studie belegt ethisch-rechtliche Dilemma des Dark Webs
Die Wissenschaftler konstatieren, dass die Studie ethisch-rechtliche Dilemma des Dark Webs bestätigt. Es muss deshalb innerhalb einer Gesellschaft diskutiert werden, ob und bis zu welchem Punkt die Nachteile der kriminellen Nutzung die Vorteile der anonymen Internetnutzung aufwiegen. Dies ist besonders problematisch, weil die Kosten-Nutzen-Rechnung auch andere Länder mit deutlich anderen politischen Voraussetzungen einbeziehen muss.
Einige Länder, darunter auch Deutschland planen als Reaktion auf die kriminelle Nutzung des Dark Webs inzwischen spezielle Gesetze, die vor allem beim Kampf gegen kriminelle Marktplätze helfen sollen. Gänzlich verbieten möchte Deutschland den Zugang zum Tor-Netzwerk aber nicht.