Führt ein Server-Crash zum Ausfall einer Webseite, muss der Webhosting Anbieter Schadensersatz leisten, wenn er es versäumt hat, Sicherungskopien zu erstellen oder Backups durchzuführen. Die Höhe des Schadensersatzes hängt vom „Alter“ der Webseite ab.
Das Landgericht Duisburg nimmt in seinem Urteil vom 22.07.2014 (Az. 22 O 102/12) Webhoster in die Pflicht. Sie müssen auch dann Backups der von ihnen betreuten Webseiten erstellen, wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart wurde.
Der Fall
Die Klägerin hatte im Jahr 2006 für über 5.000 Euro eine Webseite erstellen lassen. Mitte 2011 beauftragte sie die jetzige Beklagte mit dem Webhosting und zahlte hierfür monatlich 24 Euro. Die Beklagte wiederum beauftragte ein Subunternehmen. Mitte 2012 kam es bei dem Subunternehmer zu einem Server-Crash, der dazu führte, dass die Webseite der Klägerin nicht mehr funktionierte. Die Klägerin forderte die Beklagte auf, die Seite wiederherzustellen. Die Beklagte teilte mit, dass versucht werde, die Daten zu retten, das Ergebnis sei abzuwarten. Tatsächlich gelang eine Reaktivierung der Seite nicht, weil kein Backup erstellt worden und somit eine Wiederherstellung der Daten nicht möglich war.
Die Klägerin sah hierin eine Sorgfaltspflichtverletzung ihres Vertragspartners und verklagte diesen auf über 8.000 Euro Schadensersatz, zusammengesetzt aus rund 5.500 Euro für die Erstellung einer neuen Webseite und 500 Euro monatlicher Nutzungsausfallentschädigung.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen, und berief sich darauf, dass der Hostvertrag keine Verpflichtung enthalte, Sicherungskopien zu erstellen oder entsprechende Backups zu fahren. Außerdem seien bei ihr noch einige Daten der alten Webseite vorhanden gewesen, wodurch der Aufwand für die Erstellung einer neuen Seite hätte verringert werden können. Die Klägerin habe hierzu keine Nachfrage gehalten und deshalb gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen.
Datensicherung als vertragliche Nebenpflicht
Das LG Duisburg gab der Klägerin Recht. Zwischen den Parteien sei ein sogenannter Host-Provider-Vertrag zustande gekommen. Dieser weise dienst-, miet- und werkvertragliche Aspekte auf. Dabei sei die Sicherung der verwendeten Daten für den Nutzer von erheblicher Bedeutung. Deshalb sei es eine Nebenpflicht des Webhosters, die erforderlichen Datensicherungsmaßnahmen zu ergreifen, was durch Sicherungskopien oder Backups geschehen könne. Den Hoster treffe insofern eine Erhaltungs- und Obhutspflicht. Einer ausdrücklichen Vereinbarung der Datensicherung habe es daher nicht bedurft. Und die beklagte Firma müsse sich auch ein Verschulden ihres Subunternehmers, bei dem sich ja der Server-Crash ereignet hatte, zurechnen lassen.
Die Klägerin habe ihren Schaden im Übrigen konkret beziffert. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht liege nicht vor, weil die Beklagte von sich aus hätte vortragen müssen, dass bei ihr noch Datenbestände vorhanden seien.
Nach alledem stehe der Klägerin also ein Schadensersatzanspruch zu.
Abzug „neu für alt“ auch bei Webseiten
Die Höhe des Schadensersatzanspruchs bezifferte das Landgericht allerdings deutlich niedriger als die Klägerin, der gerade einmal 1.264,51 Euro zugesprochen wurden.
Vorgenommen wurde ein sogenannter Abzug „neu für alt“, wie er auch bei Unfall geschädigten Kraftfahrzeugen zum Tragen kommt. Bei der Bemessung der Schadenshöhe verließ sich das Gericht auf die Ausführungen eines Sachverständigen, der die durchschnittliche Nutzungsdauer einer Webseite mit 8 Jahren angab. Dem stehe der Vortrag der Klägerin, sie habe die „alte“ Webseite noch auf unbeschränkte Zeit nutzen wollen, nicht entgegen. Denn es liege auf der Hand, dass die Klägerin auch dann zu einem zukünftigen Zeitpunkt die Erstellung einer neuen Webseite in Auftrag gegeben hätte, wenn die bisherige nicht zerstört worden wäre.
Eine Nutzungsausfallentschädigung sprach das LG der Klägerin ganz ab, weil sie keine Tatsachen vorgetragen und unter Beweis gestellt habe, die „ausreichende greifbare Anhaltspunkte“ für die Bemessung eines Nutzungsausfalls lieferten.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin hat nach eigenem Bekunden Berufung eingelegt, sodass sich als nächstes das Oberlandesgericht Düsseldorf mit der Angelegenheit befassen muss.