Das Interesse an der europäischen Cloud- und Dateninfrastruktur Gaia-X ist in den letzten Monaten deutlich angestiegen. Laut einer Mitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) haben inzwischen neben den 22 Gründungsunternehmen aus Frankreich und Deutschland „weit mehr als 100 weitere Unternehmen“ Interesse an einer Projektmitgliedschaft geäußert. Die im Oktober 2019 vorgestellte Cloud-Initiative befindet sich noch in der Gründungsphase. Weitere Unternehmen haben deshalb die Chance „Mitglied der ersten Stunde“ in der Gaia-X-Organisation zu werden.
Das Ziel von Gaia-X ist der Aufbau einer europäischen Cloud, die eine Alternative zu den aktuell marktbeherrschenden Diensten aus den U.S.A. und China bilden soll. Derzeit erarbeiten die Mitglieder dazu ein Konzept, das mithilfe von offenen Standards und Open-Source-Anwendungen bestehende und neue Hosting-Angebote verknüpfen soll. Ein sogenannter Hyperscaler wie die Cloudlösungen von Microsoft, Amazon, Google und Alibaba soll Gaia-X allerdings nicht werden. Stattdessen ist eine Vernetzung mehrerer kleiner Anbieter aus Europa zu einer gemeinsamen Infrastruktur geplant.
Minimum Viable Product (MVP) im Jahr 2021
Das Ziel der Cloud-Initiative Gaia-X ist es somit eine Möglichkeit zu schaffen, länderübergreifend sicher Daten austauschen zu können. Dabei sollen die strengen Kriterien der Datenschutz-Grundverordnung (DSVGO) eingehalten werden. Derzeit dominierende Cloud-Dienste aus U.S.A. wie Microsoft Azure, Google Cloud und Amazon AWS können laut dem Urteil des EuGH („Schrems II“) hingegen sehr wahrscheinlich nicht in Übereinstimmung mit der DSGVO genutzt werden, weil die Betreiber auch dem amerikanischen Cloud Act folgen müssen.
Während der virtuellen Gaia-X-Konferenz betonte das Wirtschaftsministerium kürzlich, dass im kommenden Jahr ein Minimum Viable Product („minimal funktionsfähiges Produkt“) auf den Markt kommen soll, das als Prototyp zum Test kritischer Funktionen und für die Weiterentwicklung verwendet werden kann. Eine umfangreiche und allumfassende Lösung wird sehr wahrscheinlich aber erst in einigen Jahren folgen.
IBM, Microsoft, Google und Amazon sind Gaia-X-Mitglieder
Mit IBM, Microsoft, Google und Amazon gehört ein Großteil der einflussreichsten Cloud-Betreiber ebenfalls zur Gaia-X-Projekt. Laut Minister Altmaier widersprechen diese Mitgliedschaften nicht dem Grundgedanken der Cloud-Initiative, solange die Konzerne durch ihre Beiträge nicht die Richtlinien von Gaia-X verletzten.
Laut Boris Otto, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Software- und Systemtechnik (ISST) „bracht das Verfahren zur Zertifizierung, ob Dienste Gaia-X-konform sind noch Zeit.“ Es ist daher unklar, wann die große Anzahl noch offener Unternehmensanfragen beantwortet sind und wann erste Gaia-X-Dienste genutzt werden können. Realistisch sind laut Otto „die ersten zertifizierten Gaia-X-Anwendungen Mitte nächsten Jahres.“