Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (Bitkom) warnt in einer Pressemitteilung vor einem drohenden „Daten-Chaos“ im Rahmen des Brexits. Derzeit gilt eine Übergangsphase, in der das Recht der Europäischen Union (EU) für das Vereinigte Königreich weiterhin gilt und in der das Vereinigte Königreich ein Mitglied der EU-Zollunion und des EU-Binnenmarktes bleibt. Am 31. Dezember 2020 endet diese Regelung.
Dies ist besonders für Cloud-Hoster und anderen Unternehmen, die innerhalb des Vereinigten Königreichs Daten von Kunden aus der EU verarbeiten ein Problem, weil die rechtliche Grundlage für den Datenaustausch entfällt.
Großbritannien wird zum Drittland
Sollte kein Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU geschlossen werden, wird das Vereinigte Königreich ab dem kommenden Jahr im Bereich des Datenschutz als Drittland eingestuft. Der freie Datenverkehr zwischen Deutschland oder anderen EU-Mitgliedsstaaten und dem Vereinigten Königreich wäre damit verboten.
Laut Einschätzungen des Branchenverbands würde ein Brexit ohne Abkommen deshalb nicht nur Großkonzerne, sondern auch den Mittelstand und Startups betreffen. Alternative Plattformen wie die europäischer Cloud Gaia-X und die Public Cloud von Lidl und Kaufland befinden sich zwar aktuell im Aufbau, die benötigte Infrastruktur wird aber nicht rechtzeitig einsatzbereit sein, um ab dem 1. Januar 2021 die vormals in Großbritannien verarbeiteten Daten zu übernehmen.
Adäquanzentscheidung der EU-Kommission nötig
Der aktuelle Stand der Verhandlungen macht einen Abschluss eines Handelsabkommens bis zum Monatsende sehr unwahrscheinlich. Um dennoch weiterhin legal mit Großbritannien Daten austauschen zu können, fordert der bitkom von der EU-Kommission eine sogenannte Adäquanzentscheidung.
Diese würde das Datenschutzniveau in Großbritannien überprüfen und den Datenverkehr weiterhin erlauben, wenn sichergestellt ist, dass dortige Cloud-Dienste das europäische Datenschutzrecht einhalten. Eine solche Adäquanzentscheidung darf laut Berg keinesfalls zum Spielball im Brexit-Verhandlungsprozess werden. Der Experte schätzt die Folgen beim Wegfall der Datentransfers für beide Parteien noch deutlich drastischer ein als die „Lkw-Schlangen an der Grenze.“